45.Tag 13. August 2017 – Jane hat wahrscheinlich meine kleine Schwindelei durchschaut!

Etappe: Sugar Run Gap – Pearisburg – 11,1Mi / 18Km

Geschlafen habe ich nicht schlecht, wieder einmal in einem Bett oder sowas ähnlichem! Es war nicht weit nach Pearisburg 11Mi, moderate Höhenlagen, daher hatte ich es am Morgen nicht eilig. Einzig und allein der Weg zurück zum Appalachian Trail, eine steile Schotterstrasse über eine halbe Meile lang, machte mir etwas Kopfzerbrechen. Wie konnte ich die netten Menschen vom Hostel dazu bewegen, mich mit dem Auto da hoch zu fahren? Da fiel mir meine Blase an der rechten Ferse ein! Die hatte ich mir durch tagelanges tragen nasser Socken und Schuhe geholt!

 

Diese Blase zeigt ich Jane, so hieß meine Gastgeberin, mit schmerzendem Blick. Übrigens die Blase tat wirklich weh! Jane bot mir daraufhin an, mich ins Krankenhaus zu bringen. Das ging wiederum zu weit! Doch wie kratze ich nun die Kurve? In meinem Kauderwelsch Englisch erklärte ich Jane, dass nur die Belastung beim bergauf gehen ein Problem wäre ansonsten ginge es schon! War natürlich völliger Schwachsinn eine Blase tut immer weh! Wahrscheinlich hat Jane mich eh durchschaut! Aber egal, sie brachte mich mit dem Auto zurück zum Trail. Der restliche Vormittag war relativ angenehmes Gehen in moderater Höhenlage, es ging vorbei am Doc´s Knob Shelter und dann begann der lange Abstieg über 2,5Mi nach Pearisburg.

 

Um 11:30Uhr war es dann geschafft. Die Auswahl an Unterkünften war nicht groß genau gesagt gab es nur 2 ! Die Holiday Motor Lodge und das Plazza Motel! Da beide Motel unmittelbar nebeneinander lagen entschied der Preis für die Holiday Motor Lodge. Ich bin in den letzten Tagen viele Meilen und schnell gegangen! Es war etwas die Luft aus meinen Beinen und da war ja auch noch die schwierige Situation mit meiner Frau. Meine Frau war es dann auch die ich umgehend anrief! Was sie mir über ihren Zustand erzählte war höchst erfreulich und stabilisierte meine Psyche ganz stark! Es ging ihr den Umständen entsprechend gut, sie durfte wahrscheinlich morgen das Krankenhaus verlassen und unsere Freunde und Bekannten betreuten sie gut! Mein Sohn kümmerte sich um das Haus und die beiden Katzen. Meine Frau gab mir also grünes Licht zum Weitergehen! Sie ist nicht nur die Liebe meines Lebens, sondern auch ein grundgütiger und verständnisvoller Mensch. Mir fiel wirklich ein großer Stein vom Herzen, dass sie die Situation so auflöste!

Natürlich wäre ich auch bereit gewesen aufzuhören und nach Österreich zurück zu kehren. Was folgte dann? Natürlich Wäsche machen, also Wäsche! In der Zwischenzeit ging ich zum Food Lion, keine 100m gegenüber ! Da geht es nur um´s Essen! Ich besorgte Chicken-Wings, französisches Brot, ein 6er-Tragerl-SamAdams und noch einige andere Sachen. Dann wieder zurück, die Wäsche war fertig! Ich hatte auch Zipp-Beutel, einen Imprägnierspray und ein Mittel zum Desinfizieren der Schuhe besorgt. Ich hatte ja schon Angst, dass in den Schuhen Schwammerl wachsen, außerdem war der Geruch schon ziemlich beängstigend! Dann hab ich noch Briefmarken und Ansichtskarten besorgt, diese geschrieben und abgeschickt. Den Chicken-Wings den Garaus gemacht und das gute französische Brot gegessen alles vor meinem Zimmer sitzend. Meine Lebensmittel habe ich auch ergänzt, eventuell benötige ich noch eine kleine Gasflasche! Also Morgen habe ich dann wirklich einen freien Tag! Ich danke allen die mir aus meiner psychischen Not geholfen haben.

 

Gestern glaubte ich noch Mary, die Geherin aus Rode Islands, sei mir abhanden gekommen! Aber Nein! Mary hat nur heute ihre lange Tagesetappe angesagt, da war sie besser beraten als ich, sie wurde heute nicht naß! Ich sah sie heute gegen 17:00Uhr strammen Schrittes vorbei gehen. Habe sie mehrmals angerufen, bin ihr auch nachgegangen, doch als ich an der Strasse war, sah ich sie nur noch entschwinden. Als Fazit dieser Begegnung bleibt: Mary ist wirklich eine taffe High-School-Lehrerin!

In diesem Motel wohnen Menschen mit ihren Familien – 1 Zimmer+Bad+Kühlschrank+Bett  und aus! Meist handelt es sich um Wanderarbeiter. Die jobben hier für einige Tage oder Wochen und ziehen dann weiter. Ich kann nur sagen Make America great again! Am späten Abend hatte dann einer dieser Menschen, ein älterer Mann, offensichtlich größere gesundheitliche Probleme! Er schleppte sich aus seinem Zimmer und blieb draußen, laut stöhnend vor Schmerzen am Boden liegen. Einige Mitbewohner kamen zu ihm, ich ging auch hin und fragte was den los sei? Ich hatte ja ein gut sortiertes Erste-Hilfe-Set dabei! Er zeigte auf sein linkes Bein, welches fast völlig schwarz war! Offensichtlich war die gesamte Extremität vom Blutkreislauf unterversorgt. Ich wollte ihm zuerst gegen die Schmerzen eine Parkimed geben, tat es dann aber doch nicht! Das Bein kühlte ich mit Eis, während die anderen diskutierten ob eine Ambulance gerufen wird oder nicht.

 

 Der Mann war strikt dagegen, er hatte keine Krankenversicherung! Schließlich kam aber doch ein Krankenwagen. Erste Frage des Fahrers war ob der Mann versichert sei? Die nehmen jemanden ohne Krankenversicherung zwar mit, die Transportkosten sind jedoch zu bezahlen. Letztendlich wurde der Mann ins Krankenhaus gebracht. Ich habe mit den anderen Menschen dann noch die Situation diskutiert. Sie erzählten mir, dass Allen so hieß er, an Krebs erkrankt ist, nicht in ärztlicher Behandlung ist, keine Medikamente hat und er eben sterben wird! Dies sagten sie mit aller Selbstverständlichkeit! Keiner war der Ansicht, dass dies sozial eine riesen Schweinerei ist! Jeder ist eben für sein Schicksal selbst verantwortlich! Mit tat der Mann sehr leid! Ich habe versucht ihn etwas zu trösten. Auch eine Form des  Hike your own Hike! Aber was ist das für ein System?

Hast du Geld lebst du bzw. lebst du länger, hast du kein Geld mußt du eben sterben – that´s it! Und alle empfinden dies als normal! Für europäische Verhältnisse nicht vorstellbar! Wenn ich daran denke wie in Österreich mit unserem Gesundheitssystem umgegangen wird, diese ständige Meckerei über die Beiträge, die Betrügereien an der Gebietskrankenkasse! Man sollte meine unzufriedenen Landsleute in die USA schicken. In ein Land wo Millionen Menschen keine Krankenversicherung haben und daher im Fall der Fälle von ihrem Arzt den Tod verordnet bekommen.